Anzeichen der Verlässlichkeit

Winterthur | ArtRegion: Bodensee, Zürich

CoalMine

Beat Schweizer: Anzeichen der Verlässlichkeit

Forum für Dokumentarfotografie

19. Oktober – 21. Dezember 2018

Wie lebt es sich in den polarnahsten Städten und Siedlungen der Welt? Und was hält die Menschen trotz scheinbar widrigen Bedingungen dort? Fragen wie diese interessieren Beat Schweizer (geboren 1982, wohnhaft in Bern) seit vielen Jahren. Auf mehreren Reisen in den Norden Russlands hat er die Morphologien dieser Orte fotografisch festgehalten, die Ursachen ihres Daseins, ihre Besonderheiten und Überlebensstrategien untersucht. Bedroht durch extremes Klima sowie geografische Isolation und am Leben gehalten von staatlichen Direktiven oder ökonomischen Interessen, präsentiert er uns Formen des Zusammenlebens, die über das Anekdotische hinaus tiefe Einblicke in das Menschliche geben. In seiner dokumentarischen Praxis nähert sich Beat Schweizer den Strukturen und Bewohnern behutsam und unmerklich. Mit seinem systematischen Blick fördert er im Einzelnen das Generelle und im Allgemeinen das Individuelle zutage, beweist aber auch ein waches Auge für die Komik, Tragik und Absurdität des Alltäglichen – ein feines Sensorium für die «Anomalie des Alltags im nördlichsten Norden Sibiriens», wie es im Untertitel einer seiner Eigenpublikationen heisst.

Beat Schweizers dreiteilige Dokumentation über Norilsk, Dikson und Teriberka ist eine warmherzige Bestandsaufnahme besonderer Lebensumstände und ihrer Bewältigung. Sie registriert das Wesenhafte mit einer Nüchternheit, die immer wieder ins Poetische oder gar Fantastische mündet. Entgegen einem meist von westlichen Vorurteilen durchsetzten Blick zeichnet er ein vielschichtiges und komplexes Bild der Auswirkungen von klimatischen, politischen und ökonomischen Kräften auf den postkommunistischen Raum. Auf seinen Reisen arbeitet Beat Schweizer oft mit dem Schriftsteller Urs Mannhart an selbstpublizierten Reportagen. Der bewusste Umgang beider Autoren mit Bild und Text und das Experimentieren mit unterschiedlichen Publikationsformen markiert eine eigenständige Positionierung im Feld einer erweiterten und selbstreflexiven dokumentarischen Praxis. Die COALMINE zeigt den seit 2012 entstandenen Werkzyklus erstmals in sämtlichen Kapiteln in Form neu edierter Lambda-Prints.

Der Ausstellungstitel «Anzeichen der Verlässlichkeit» ist inspiriert vom Slogan «Символ надежности» («Symbol der Verlässlichkeit»), mit dem Nornickel, der grösste Arbeitgeber in Norilsk, auf Plakaten wirbt. Die Menschen in Norilsk, aber auch in Teriberka und Dikson, verlassen sich auf das Versprechen von Staat und Arbeitgebern, dass ein Leben an diesen widrigen Orten weiterhin möglich bleibt. Die Kehrseite der Verlässlichkeit ist die Angst, keine Arbeit zu finden, sollten sie an einen anderen, südlicheren Ort ziehen wollen. Sie sind in diesem Versprechen der Verlässlichkeit gefangen. So hat der Titel durchaus eine Ambivalenz.

Die Ausstellung wird von Sascha Renner kuratiert.

Zur Ausstellung erscheint folgende Publikation, die an der Buchvernissage am 20. Dezember um 18 Uhr in der COALMINE präsentiert wird: Beat Schweizer: Anzeichen der Verlässlichkeit, mit Texten von Urs Mannhart, Kehrer Verlag, 2018.

Buchvernissage und Lesung mit Beat Schweizer und Urs Mannhart: 20. Dezember 2018, 18 Uhr


Öffnungszeiten

Mo, Di 9-17
Mi-Sa 10-20

CoalMine
Turnerstrasse 1
8400 Winterthur