Dynamik und Forum

Friedrichshafen | ArtRegion: Bodensee

Kunsthaus Caserne

Martina Fischer: Dynamik und Forum

8. – 24. April 2016

Ist es nicht die Neugier, das ureigene Interesse eines Menschen, in einen Raum hineinsehen zu wollen, quasi eine neue fremde Welt zu entdecken?

So gesehen sind die Werke von Martina Fischer eigentlich keine Bilder, sondern vielmehr Räume. In diese kann man hineinsehen und neue Welten entdecken, die sich ganz im Sinne Fischers zwischen Abstraktion und Illusion bewegen. Dynamik und Form werden so zu zwei wichtigen Elementen in ihren Welten.

Dabei ist es schon gewagt, in Fischers abstrakten und illusionistischen Welten noch von materiellen Formen zu sprechen. Die Materie als Grundlage von Form stellt sich in Fischers Werken meist als ein undefiniertes Farbfeld dar, das einerseits zwar klar durch eine messerscharfe Kante begrenzt ist, zur anderen Seite hin sich aber oftmals in illusionistische Transparenz auflöst. Oder es wird schlicht von einer anderen abstrakten Form überlagert. So entsteht aus Fischers ganz speziellen Formen letztlich eine neue anschaulich-sinnliche Dimension.

«»Abstrakte Wesen nennt Wassily Kandinsky solche Formen, die immer komplizierter werden und keine mathematische Bezeichnung mehr besitzen. Und «die als solche ihr Leben haben, ihren Einfluss und ihre Wirkung.» Bei Kandinskys Wesen und Fischers neuer Dimension beherrschen Geschehen und Entwicklung die Form, oder wie der New Yorker Kunstkritiker Raphy Sarkissian es formulierte: «Die Dichotomie von Masse und Raum [ist bei Fischer] klar von der Dynamik der Gestalt bedingt.» Dynamik wird in Fischers Werken zum zentralen Aspekt von Form.

Bereits bei Caravaggio war nur bildwürdig, was Geschehen in sich aufnahm. Transitorisches Helldunkel verankerte er in der Form selber, und entsprechend änderte sich seine Dynamik. Die himmlische Lichtfülle und irdische Düsterkeit basiert bei ihm auf einem Autoritätsgefälle, Weiß dominiert Schwarz, und zwar umgekehrt durch begrenzte Lichtmengen.

Der akribische Einsatz von Schwärze und Helligkeit wie bei Caravaggio findet sich auch in Fischers Werken, er ist bei ihr allerdings nicht das alleinige Mittel zur Transzendierung der Form. So ist bei ihr die physikalische Dynamik nicht im Anziehungszentrum verankert, sondern in der Form selber. Die Form wird damit zu einem unabhängigen Eigenzentrum mit sich entsprechend ändernder Dynamik. Sie wirkt damit widersprüchlich perspektivisch.

Dynamik und Form folgen in Fischers Werken einer eigenen Gesetzmäßigkeit, die sich gemäß Sarkissian „je nach dem jeweiligen Blickpunkt des Betrachters ständig verschiebt und neu konstituiert.“ Diese Synthese bildet die Grundlage für die unerschöpflichen Imaginationen beim hineinsehen in ihre Räume.
Dieter Leder


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