Ein Madrigal

Corsin Fontana # 33, 2015 Oelkreide auf Leinwand 48 cm x 48 cm

Basel | ArtRegion: Basel - Oberrhein

Tony Wuethrich Galerie

Corsin Fontana / Stefan à Wengen: Ein Madrigal

9. Mai – 2. Juli 2016

Madrigal, das: Mehrstimmiges Vokalstück, das sich im frühen Cinquecento als säkulares Gegen- stück zur geistlichen, in Latein gesungenen Motette ausbildete. Die Lösung vom sakralen Inhalt bedeutete für die Komponisten eine grössere Freiheit im Ausdruck, was sich in gesanglicher Ton- malerei den – Madrigalismen – ausdrückte. Ursprünglich in der Lyrik der italienischen Renais- sance verwurzelt, vertonte das Madrigal eine höhere weltliche Dichtung, etwa von Petrarca, deren Themen um Liebe und Naturwahrnehmung kreisten. Der Name Madrigal lässt sich herleiten von «Cantus matricalis», dem «Gesang in der Muttersprache».

Hier lässt sich vielleicht eine erste Verbindung herstellen zwischen den auf den ersten Blick so unterschiedlichen künstlerischen Stimmen von Corsin Fontana und Stefan à Wengen, die nach der Umbaupause in der Tony Wüthrich Galerie unter dem Titel «Ein Madrigal» ihre erste gemeinsame Ausstellung bestreiten. Lebt à Wengen auch seit fast 30 Jahren in Deutschland, so ist das Schwei- zerische doch die «Muttersprache», die er mit Fontana teilt. Ein weiterer gemeinsamer Nenner in dieser Zusammenstellung ist das Format – beide Künstler zeigen kleinformatige Werkgruppen – und die ganz auf Schwarz und Grautöne reduzierte Palette.

Corsin Fontana führt seine Untersuchungen an den in Ölkreide direkt auf Leinwand applizierten Gitter und Streifenstrukturen weiter, wobei das für ihn ungewöhnliche Format von 48 x 48 cm auf einen Aufenthalt in der Pariser Charité zurückgeht, wo die Grösse des Ateliers die der Leinwände bedingte.Horizontale und vertikale Streifen verdichten sich zu plastischen, reliefhaft hervortretenden Flecht- werken, in denen nur noch hie und da der weisse Grund der Leinwand rhythmisch strukturierend durchscheint.

In einigen Leinwänden hat das «schwarze Quadrat» den weissen Grund gänzlich verdrängt. Der physische Farbauftrag mit dem Ölkreidestift, der in durchgezogenen Strichen die Oberflächen- struktur modelliert, wird zur meditativen Handlung – vergleichbar mit der des Korbflechtens oder der Zen-Malerei – wobei der endlosen Variation eines Themas scheinbar keine Grenzen gesteckt sind.

In seiner 2014 begonnen Werkserie «Detected Dictionary» beschränkt sich Stefan à Wengen eben- falls auf ein einheitlich kleines Format von 30 x 25 cm. Das «aufgespürte Wörterbuch» folgt einer sehr persönlichen Ikonographie, in der Bilder des kollektiven kulturellen Gedächtnisses befragt werden. Immer wieder tauchen ikonische Tierfiguren auf – etwa «Bambi» oder der «König der Tiere» –, Motive aus der Kindheit oder aus dem Bereich der Kunst und Wissenschaft. Doch haftet der Auswahl etwas explizit Unheimliches an, die Figuren schweben losgelöst vor einem meist dunklen Raum. Immer wieder verweist à Wengen dabei auf die Vanitas, die Sterblichkeit allen irdischen Le- bens: In dieser Wunderkammer des Unterbewussten finden sich Vogelskelette und Totenschädel neben sichtlich in Mitleidenschaft gezogenen Kuscheltieren, Nachtfaltern oder Giftpilzen.

Während Corsin Fontana einer minimalistischen Abstraktion verhaftet ist, stellt sich in Stefan à Wengens realistischer Acrylmalerei ein Verfremdungseffekt durch die ganz auf Schwarz-Weiss und Grautöne reduzierte Palette ein. Die beiden Stimmen treffen sich in ihrer kontemplativen Haltung; ihr Zusammenklang beschwört die die irdische Natur besingende Melodie des Madrigals.


Öffnungszeiten

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