Horizontal Vertigo

WangShui, From Its Mouth Came a River of High-End Residential Appliances, 2018. Production still (Detail). Courtesy of the artist.

Berlin | ArtRegion: Berlin, Mitte

Julia Stoschek Collection Berlin

WangShui: Horizontal Vertigo

12. September – 15. Dezember 2019

In WangShuis erster Einzelausstellung in Europa präsentiert die JULIA STOSCHEK COLLECTION drei Bewegtbild-Installationen, die zwischen 2016 und 2019 entstanden sind und persönliche Transformationsprozesse untersuchen. WangShuis Arbeiten, die stets von subjektiven Überlegungen und Erfahrungen ausgehen, greifen oft in die umliegenden Architekturen ein und gestalten diese neu. Dabei integriert WangShui lebende Subjekte und Reste des Alltags. Es entstehen halluzinatorische Räume, die zwischen Bild und Objekt, Körper und Projektionsfläche, Herkunft und Diaspora changieren.

In der Live-Videoinstallation Gardens of Perfect Exposure (2016–2018) begegnen wir einer auf mehreren Ebenen angelegten, modellgroßen Architektur. Die aus Badezimmerarmaturen konstruierte Anlage wird zu einem Spa-ähnlichen Biotop für dutzende sich verpuppender Seidenraupen, die im Verlauf der Ausstellung eine körperliche Metamorphose vollziehen. Dieser Transformationsprozess wird von drei Kameras erfasst und in Echtzeit auf die Galeriewände projiziert. Die Live-Videoübertragung übt eine desorientierende Wirkung aus, unsere Aufmerksamkeit verlagert sich von der Arbeit in ihrer materiellen Präsenz hin zu ihrem medial vermittelten Bild.

In der Videoarbeit From Its Mouth Came a River of High-End Residential Appliances (2017–2019) zeigen stark verlangsamte Drohnenaufnahmen eine Reihe von Wolkenkratzern am Südchinesischen Meer, in denen große Durchlässe erkennbar sind. Solche in Hongkong verbreiteten Öffnungen werden Drachentore genannt und dienen, so der Mythos, Drachen auf ihrem Flug von den Bergen zum Meer als Durchschlupf. Diese Öffnungen sollen auch den nötigen Energiefluss zwischen der Natur und der von Menschen gebauten Umwelt gewährleisten. Für den*die Erzähler*in im Film sind die Drachentore Anlass zu einer sowohl formalen als auch ideologischen «Gestaltwandlung» sowie eine ausgedehnte soziopolitische Kritik von Gender, dem Kino und dem westlichen Denken insgesamt.

In der Ausstellung erstmals präsentiert wird außerdem eine neue Dreikanal-Videoinstallation, die im Auftrag der JULIA STOSCHEK COLLECTION produziert wurde. Als letzten Teil der Werkfolge suggeriert diese neue Arbeit einen Ort, der sowohl Ankunft als auch Verschwinden, Präsenz und zugleich Abwesenheit symbolisiert. Das Werk verwendet gewebte, lichtdurchlässige LED-Systeme, wie sie für großflächige Werbungen auf Häuserfassaden zum Einsatz kommen. Die Installation ist so konzipiert, dass der ideale Betrachtungsabstand etliche Zentimeter jenseits der Ausstellungswände liegt.

Die projizierten Bilder rücken somit an den Rand dessen, was für uns gerade noch wahrnehmbar ist. Nähert man sich ihnen weiter an, löst sich der Bezug zwischen Bild und Träger auf, und die Betrachter*innen finden sich in einen Zustand zwischen totaler Abstraktion und Kathexis (was in der Psychoanalyse die Konzentration von Energie auf eine bestimmte, nicht anwesende Person oder Idee bezeichnet) versetzt.

WANGSHUI ist Teil des einjährigen Programms HORIZONTAL VERTIGO in der JULIA STOSCHEK COLLECTION in Düsseldorf und Berlin, kuratiert von Lisa Long.


Öffnungszeiten

Sa & So 12–18

Julia Stoschek Collection Berlin
Leipziger Straße 60
10117 Berlin