Pendler zwischen den Welten

Appenzell | ArtRegion: Bodensee
Pendler zwischen den Welten
100 Jahre Carl Walter Liner
9. März – 17. August 2014
Am 17. August 2014 wäre der Appenzeller Maler Carl Walter Liner hundert Jahre alt geworden. Aus Anlass dieses Jubiläums zeigt die Stiftung Liner Appenzell in der Kunsthalle Ziegelhütte eine Retrospektive, die mit ausgewählten Hauptwerken das Œuvre des Ostschweizer Künstlers neu beleuchtet. Auf drei Stockwerken werden anhand von über 70 Gemälden, grossteils Leihgaben aus privatem oder musealem Besitz, die drei Hauptlinien der Kunst Liners – die Landschaftsmalerei, die geometrische und die gestische Abstraktion – dargestellt. Carl Walter Liner (17. August 1914 – 19. April 1997) erhielt den ersten Zeichen- und Malunterricht bei seinem Vater Carl August Liner im elterlichen „Landhaus“ in Appenzell. Nach einem halbjährigen Aufenthalt in Ägypten 1936/37 studierte er 1938/39 an der Pariser Académie de la Grande Chaumière unter anderem bei Othon Friesz. Nach 1945 lebte und arbeitete er in Zürich und Appenzell. Ab 1950 bis zu seinem Tod waren Paris und Appenzell seine Lebenszentren – bereichert um einen Wohnsitz in Fontvieille in der Provence und unterbrochen von zahl- reichen Reisen in der Schweiz, in Italien, in Frankreich und in den USA.
Nach dem von Impressionismus und Fauvismus beeinflussten Frühwerk entwickelte Liner zu Beginn der 1950er Jahre – parallel zum französischen Tachismus – eine expressiv-gestische Bildsprache, in der er vom Naturvorbild unabhängige, in der improvisierten Farbsetzung begründete Motivreihen formte. Liner brach keineswegs mit der abbildhaften Landschaftsmalerei; diese blieb weiter ein Hauptzweig seines künstlerischen Schaffens. Ab den späten 1950er Jahren setzte er einen dritten Schwerpunkt in der Auseinandersetzung mit Farbe und Form: die expressive Farbigkeit, der wilde Strich wurden in einer geometrisch klar strukturierten Bildorganisation gebändigt. Die Ausstellung legt in der Werkauswahl den Schwerpunkt auf die Jahrzehnte 1940 bis 1980 – jene Jahre, in denen Carl Walter Liner seine künstlerische Position entwickelte und festigte. Das Frühwerk bis 1940 und das späte Werk ab 1980 sind mit repräsentativen Beispielen vertreten.
Im bildnerischen Kosmos von Carl Walter Liner gab es kaum einen Unterschied zwischen einer Appenzeller Landschaft, einem Ellipsoid oder einer Farbexplosion. Alles war für ihn ein Bild der Natur, zu dem Bäume, Berge, Seen, Architektur, Licht, Dunkelheit, Stimmung, Energie ebenso gehörten wie Linien, Farbe, Dynamik oder Handschrift. Carl Walter Liner pendelte nicht nur im faktischen Leben zwischen den Welten – einerseits Appenzell, andererseits Paris; er liess und lässt auch den Betrachter zwischen den Welten – einerseits einer mimetischen, andererseits einer absoluten Kunst – pendeln: im Nebeneinander der Bilder, vor allem aber im Dialog dieser Ansichten entfaltet sich ein umfassendes, natur- und kulturbezogenes Weltbild.
Zur Ausstellung erscheint eine Begleitpublikation im Steidl Verlag, Göttingen
Öffnungszeiten
Di – Fr: 12 – 17 Uhr
Sa/So: 11 – 17 Uhr
Jeden 1. Do im Monat: bis 20 Uhr mit Gratiseintritt
Kunsthalle Appenzell
Ziegeleistrasse 14
9050 Appenzell
Öffentlicher Verkehr
Bahn: Appenzell