Seniorita Latifa Sharifah

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Berlin | ArtRegion: Berlin, Tiergarten

Galerie Guido W. Baudach

Jasmin Werner: Seniorita Latifa Sharifah

11. September – 16. Oktober 2021

Die Galerie Guido W. Baudach ist hocherfreut, ihre erste Einzelausstellung mit der in Köln lebenden, deutsch-philippinischen Künstlerin Jasmin Werner zu präsentieren. Gezeigt werden zwei neue Serien assemblageartiger Skulpturen von gewohnt eigener Materialität, die mit Wholly Family und Schloss der Republik Burj Khalifa OFW ebenso allusive wie präzise betitelt sind. Der nachfolgende Text der in Dubai und New York ansässigen Schriftstellerin Rahel Aima beschreibt diese Arbeiten nicht allein, sondern liefert vor allem auch eine sehr persönlich gehaltene Einführung in den weiterführenden Kontext.
Als ich meinen Führerschein machte, Mitte der 2000er Jahre, wurde in Dubai eine riesige Plakatwand aufgestellt. Wie üblich zur Straße hin aus- gerichtet prangte darauf der Slogan History Rising, zu Deutsch: Geschichte Emporsteigend. Wenn man den Sheikh Zayed Highway entlangfährt, die Hauptverkehrsader der Stadt, blitzt die Zukunft vor einem auf; und zwar in Form neuer gigantischer Bauprojekte – Immobilien wie Him- melsleitern – , extravaganter Autos und der aktuellsten Smartphone-Modelle, ausschließlich beworben von weißen und arabischen Gesichtern. Menschen aus südostasiatischen Ländern, wie sie die Mehrheit der Bevölkerung Dubais ausmachen, sieht man auf den Werbetafeln dagegen lediglich zu Zeiten des hinduistischen Lichterfests Diwali, wenn Bolly-, Lolly- und Tollywood-Stars Goldschmuck anpreisen. Überseeische Ar- beitskräfte von den Philippinen, sogenannte Overseas Filipino Workers, kurz: OFWs, fehlen sogar komplett. Hinter den Werbetafeln finden sich ähnlich den Matrjoschka-Puppen ineinander verschachtelte Schichten von Zäunen, Gerüsten, Maschendraht, Baustellennetzen und vielerlei Kränen, die allesamt schützend einen Rohbau aus Stahlbeton umschließen.
Jasmin Werners Arbeiten aus der Werkserie Schloss der Republik Burj Khalifa OFW muten ganz ähnlich an. Ein mit Gebäudefassaden be- drucktes Netzgewebe schmiegt sich gleich einem tänzerischen Port de bras an ein Gerüst, dessen Hintergrundbeleuchtung Assoziationen an den Barzach weckt, jenen hauchdünnen Schwellenraum, der in der islamischen Eschatologie das Diesseits vom Jenseits trennt. Die darin eingearbeiteten Fotografien der in Dubai lebenden philippinische Cousine von Jasmin Werner, ihrerseits selbst eine OFW, zeigen, was hinter den zahlreichen Sichtblenden und dem vielen Glas liegt: der unvermeidliche Friseursalon im Erdgeschoß zum Beispiel oder die überbordend ver- schnörkelten Interieurs. Inmitten von Werners raumgreifenden Skulpturen, die sich wie Baustellengerüste auftürmen, stehen leuchtend bunte Spielzeugeinkaufswägen, in denen Mehrfachstecker und Verlängerungskabel verborgen sind, und die mich unweigerlich daran denken lassen, dass es nach dem Peak Oil auch ein Peak Plastic gibt.

Foto: Roman März


Öffnungszeiten

Di–Sa: 11–18
und nach Vereinbarung

Galerie Guido W. Baudach
Pohlstrasse 67
10785 Berlin