Über den Wolken – Anleitungen zum Abheben

Gustav Mesmer, Adlerflügelfahrrad mit aufgesetztem Drachendeck, um 1980, Foto- Stefan Hartmaier, © Gustav Mesmer Stiftung

Warth | ArtRegion: Bodensee, Zürich

Kunstmuseum Thurgau

Über den Wolken – Anleitungen zum Abheben

9. Mai – 19. September 2021

Wind Nordost, Startbahn null-drei… So begann im Jahr 1974 Reinhard Mey seine Hymne an die Freiheit. Glücklicherweise ist das Flugzeug nur eines von vielen Mitteln zum Abheben. Bereits in frühen Kulturen versuchten die Menschen, den Flug der Insekten und Vögel zu imitieren und übertrugen ihn in Form von Ritualen und magischen Darstellungen auf den menschlichen Körper. Doch Überirdisches anzustreben war und ist riskant, wie schon die Hybris des Ikarus zeigte. In der Renaissance hatten solche Pläne wieder Hochkonjunktur und Universalkünstler nicht nur im übertragenen Sinn höhere Sphären im Kopf. Obwohl sich ihre Höhenflüge hauptsächlich am Reissbrett ereigneten, wurden sie zu Fixsternen für Generationen von Bastelnden, Träumerinnen und Tüftlern. Ein solcher war auch Gustav Mesmer (1903–1994). In der Psychiatrie experimentierte er mit Schwingen, Schirmen und Sprungschuhen aus einfachsten Materialien, um seinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen: Er wollte mit dem Velo fliegen, die dunklen Wolken erklimmen.
Mesmers Jahrzehnte währende Transformationsversuche sind von einer Experimentierlust durchdrungen, wie sie auch in Roman Signers (*1938) poetischen Materialkonstellationen und -kollisionen beständig ausbalanciert, losgelöst oder entzündet wird. Auf diese Weise wurde in den 1970er-Jahren ein neuer Skulpturenbegriff ans Firmament der Kunst katapultiert. Mit lakonischem Witz, Raketen, Luftballons und Hubschrauber nahm Roman Signer 1985 in seinen „Aktionen“ auch den Luftraum über der Kartause Ittingen ein.
Erst von oben erschliesst sich die Architektur der Klosteranlage, die eigens auf das asketische Dasein von Einsiedlermönchen zugeschnitten war, wie die von der Konzeptkünstlerin Daniela Keiser (*1963) gesammelten Luftaufnahmen zeigen. Jahrhundertelang war für Gläubige der Himmel moralische Instanz, Ziel und Zweck des irdischen Daseins. Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man, blieben darunter verborgen…


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Kunstmuseum Thurgau
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